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Post by anmerkung on Mar 18, 2016 13:21:37 GMT 1
junk science q.e.d.
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Post by Deleted on Mar 30, 2016 8:15:03 GMT 1
www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-Dortmund~/Panne-nach-Polizistenmord-Polizei-hatte-falschen-Namen-von-Berger-Freundin-in-den-Akten;art930,2981733 Panne nach Polizistenmord Polizei hatte falschen Namen von Berger-Freundin in den Akten DORTMUND 16 Jahre nach dem dreifachen Polizistenmord durch den Dortmunder Michael Berger ist eher zufällig eine Ermittlungspanne entdeckt worden. Bergers letzte Partnerin ist offenbar nie vernommen worden. Das wäre auch schwer geworden. Denn in den Akten steht ein falscher Name. Die Panne wurde jetzt bei Vorbereitungen zu Zeugenbefragungen im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags NRW offensichtlich. Die Frau, die in entsprechenden Ermittlungsakten aus dem Jahr 2000 als Partnerin gelistet worden war, hatte eine Einladung zu einer Zeugenbefragung erhalten und daraufhin vehement abgestritten, Berger überhaupt gekannt zu haben. Die Taten Michael Bergers gehören zu den dunkelsten Stunden der deutschen Polizei. Am 14. Juni 2000 erschoss der damals 31 Jahre alte Berger in Dortmund und Waltrop drei Polizisten, verletzte eine weitere Polizistin schwer und nahm sich mit einem Kopfschuss in seinem Wagen in Olfen am gleichen Tag das Leben. Die Tat gilt bis heute als nicht politisch motiviert. Eine Einschätzung, die aufgrund der heute bekannten Fakten nicht unumstritten ist. So beschäftigt sich auch der NSU-Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags NRW in den kommenden Wochen mit den Taten Bergers. Schon im Vorfeld der Untersuchungen zeichnet sich jetzt ab, dass die Ermittlungen der Polizei nach der Tat unvollständig waren. Partnerin meldete sich telefonisch in Bergers Elternhaus Es gehört zu den polizeilichen Standards nach einem derart schwerwiegenden Gewaltverbrechen, das persönliche Umfeld des Täters unter die Lupe zu nehmen. Man will so ein möglichst vollständiges Bild des Täters gewinnen und so ein mögliches Tatmotiv herausarbeiten. Befragt werden dazu in der Regel Verwandte und Freunde, Beziehungspartner, eventuell auch Arbeitskollegen. Nach der Tat befragten die Polizeibeamte auch den Vater und die Stiefmutter Bergers in ihrem Haus in Selm-Bork, dort hatten die Ermittler unter anderem ein russisches Sturmgewehr, eine Kalaschnikow, gefunden. Zu dessen Herkunft konnten die Eltern nichts sagen, dafür hatten sie eine andere Information. Wenige Tage vor der Tat hatte sich eine Partnerin telefonisch im Elternhaus gemeldet. Ein verhängnisvoller Buchstabendreher Seit dieser Befragung steht ein Name einer Freundin in den Akten, aber ein falscher - offenbar kam es bei der Aufnahme oder der Übertragung des Frauennamens zu einem Buchstabendreher. Im richtigen Namen wurde ein -e durch ein -a ausgetauscht, ein kleiner Fehlern mit nicht unerheblichen Folgen. Die Frau, die in den Akten steht, war keine Partnerin des Dreifach-Mörders. Und sie wurde nie befragt. Offensichtlich wurde dieser Umstand erst jetzt bei den Vorbereitungen des PUA zu Zeugenbefragungen. Der Ausschuss setzt sich mit verschiedenen rechtsradikalen Taten des NSU und anderen, möglicherweise rechtsradikalen Taten in NRW auseinander. Im Kern geht es darum, Antworten auf offene Fragen und mögliche Unterstützer des NSU in NRW zu finden. Dazu werden seit 2015 unter anderem Polizeibeamte, Staatsanwälte, Sachverständige oder wichtige Zeugen nach Düsseldorf geladen. Angebliche Berger-Freundin ist erst seit einigen Jahren in NRW Im kommenden Monat steht der Berger-Komplex auf der Agenda, also wurde auch die Frau geladen, die in den Akten als Freundin Bergers stand. Diese Frau erhielt Post aus Düsseldorf und reagierte erstaunlich: Weder kenne sie einen Michael Berger, auch sei sie erst vor wenigen Jahren und damit lange nach der Tat zum ersten Mal in NRW gewesen. Anfänglich hielt man die Haltung der Frau im Landtag potenziell für eine Finte, um eine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zu vermeiden. Inzwischen ist man überzeugt, dass sie die Wahrheit sagt. Aktuell läuft die Suche nach der richtigen Freundin. Viel Zeit bleibt nicht mehr, Mitte April sollte die eigentlich in Düsseldorf befragt werden. Polizei ging von psychisch krankem Einzeltäter aus Wieso diese Panne nicht nachgebessert wurde, kann heute, rund 16 Jahre nach der Tat, nur vermutet werden: Eventuell reichte es bereits, dass der Täter bekannt und tot war, vielleicht wollte man nicht mehr wissen. Möglicherweise schloss man sich auch der damals vorherrschenden Meinung an, dass es sich bei Berger um einen psychisch kranken Einzeltäter handelte, der aus Angst vor dem Verlust seines Führerscheins zum Amokläufer wurde. Berger war am 14. Juni 2000 zwei Streifenbeamten aufgefallen, da er unangeschnallt in seinem BMW unterwegs war. Berger flüchtete in seinem Wagen, wurde am Unteren Gaffweg gestellt und eröffnete dann unvermittelt das Feuer. Ein Beamter starb, eine Beamtin wurde verletzt. In Waltrop tötete Berger zwei weitere Polizisten und später auf einem Feldweg in Olfen sich selbst. Handgranatenteile gehörten zu Bergers Waffenarsenal Zweifel an der Theorie, dass der Autonarr Berger aus Angst vor einem Führerscheinverlust Amok lief, sind berechtigt: Er war bereits 1995, 1999 und im April 2000 wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden. Und die Frau, die das Verhalten Bergers eventuell hätte erläutern können, da sie ihn am besten gekannt haben dürfte, wird jetzt, 16 Jahre nach der Tat, gesucht. Unklar ist im in dem Komplex rund um Michael Berger, wie er an sein umfangreiches Waffenarsenal gekommen war: Neben der Kalaschnikow und der Tatwaffe hatte Berger noch diverse weitere Handfeuerwaffen als auch Handgranatenteile in seinem Besitz.
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Post by Deleted on Apr 8, 2016 10:16:59 GMT 1
www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/nsu-untersuchungsausschuss-zu-polizistenmoerder-100.htmlNSU-Untersuchungsausschuss zu Polizistenmörder Ob es eine Verbindung zwischen dem NSU und einem Polizistenmörder aus Dortmund gab, versucht der NSU-Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag aktuell zu klären. Michael Berger hatte im Juni 2000, also zu einer Zeit zu der auch der NSU aktiv war, in Dortmund und Waltrop drei Polizisten durch Kopfschüsse getötet. Danach beging der Neonazi Selbstmord. Der Ausschuss will klären, woher er seine Waffen hatte.
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Post by Deleted on Apr 14, 2016 9:03:42 GMT 1
www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/michael-berger-polizistenmord-parallelen-nsu-100.htmlDortmunder Polizistenmörder Thema im Düsseldorfer Landtag Michael Berger und die Parallelen zur Terrorzelle NSU Von Christof Voigt und Tobias Al Shomer Im NSU-Untersuchungsausschuss geht es Donnerstag (14.04.2016) und Freitag um den dreifachen Polizistenmörder Michael Berger. Der Dortmunder Neonazi hatte im Juni 2000 drei Polizisten in Dortmund und Waltrop getötet und sich später selbst gerichtet. Genau in der Zeit, als auch die Rechtsterroristen des NSU aktiv waren. Dass sich jetzt, 16 Jahre nach der Tat, die Ausschussmitglieder mit dem Fall beschäftigt, zeigt, dass es noch immer viele offene Fragen gibt zu einer der schwärzesten Stunden der Dortmunder Polizei. Es ist der 14. Juni 2000: Bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle ermordet ein Rechtsextremist drei Polizisten. Ohne Vorwarnung streckt der Täter die jungen Beamten nieder. Michael Berger, 31 Jahre alt, Neonazi und Waffenfreak. Der Dortmunder Polizeigewerkschafter Frank Schniedermeier kann sich noch gut an dieses Verbrechen erinnern. Er hat es hautnah miterlebt: „Ich war damals noch in der Sachbearbeitung tätig und ich bin damals auch in der besonderen Aufbauorganisation eingebunden gewesen. Und zwar durfte ich eine nahe Angehörige eines zu Tode gekommen Polizisten betreuen - und ich muss sagen, das war ein sehr einschneidendes Erlebnis für mich. Das hat mich auch in meiner weiteren Laufbahn sehr geprägt.“ Gab es ein rechtes Netzwerk? Für die Ermittler damals war schnell klar: Berger war ein verwirrter Einzeltäter. Politisch motiviert sei die Tat nicht gewesen. Wirklich nicht? Berger war tief verwurzelt in der rechten Szene in Dortmund, hatte Kontakte zu Führungspersonen wie Siegfried Borchert oder Sebastian Seemann. Polizeigewerkschafter Schniedermeier hofft jetzt auf Antworten durch den NSU-Untersuchungsausschuss: „Sind tatsächlich Fehler gemacht worden, wo sind diese Fehler gemacht worden? Gibt es Optimierungsbedarf? Wir sind alles Menschen, Menschen machen natürlich auch Fehler. Fehler müssen aber dazu genutzt werden, um diese Fehler für die Zukunft auszuschließen.“ Bei der Durchsuchung von Bergers Wohnung nach der Tat fanden die Ermittler ein regelrechtes Waffenarsenal: Vom Revolver bis zur Kalaschnikow war alles dabei, auch eine Handgranate. Wie Berger an die Waffen gekommen ist, woher sie stammen: All das konnte nie geklärt werden. Wieso wurde offenbar nicht in Bergers rechtsextremistischem Umfeld nach Mitwissern gesucht? Nur wenige Tage nach dem Dreifachmord feiert die Szene die Tat. Es tauchen Aufkleber auf mit der Botschaft: „Berger war ein Freund von uns, 3:1 für Deutschland“. Absender: Kameradschaft Dortmund. Gab es damals ein weiteres Netzwerk ähnlich gefährlicher Neonazis? Fragen, die der NSU-Untersuchungsausschuss in den kommenden Tagen zu beantworten versuchen wird. Dabei spielt der Tatzeitpunkt 2000 eine wichtige Rolle, erklärt die Obfrau der Piraten-Partei, Birgit Rydlewski: „Der Zeitpunkt ist spannend, weil es sich um die Zeit handelt, in der auch der NSU untergetaucht ist und in der der NSU sich radikalisiert hat. Insofern ist diese Tat auch im Hinblick auf die Dortmunder Szene interessant und wie sich dort Rechtsextremismus und -terrorismus entwickelt hat.“ Parallelen zum NSU sieht auch die Grünen-Obfrau Verena Schäffer beim Fall des Dortmunder Polizistenmörders. Neben dem Faible für Waffen vermutet sie, dass auch hier nur unzureichend in der rechten Szene ermittelt wurde - wie beim NSU. War Berger ein V-Mann? Ein Gerücht um den Neonazi Berger hält sich seit der Tat hartnäckig: Er soll V-Mann des Verfassungsschutzes oder V-Person der Dortmunder Polizei gewesen sein. Das wird bis heute in rechtsextremistischen Foren von ehemaligen Weggefährten Bergers behauptet. Verena Schäffer kennt diese Gerüchte und stellt direkt klar: Es gebe keinen einzigen Beleg dafür. Klar ist für sie aber auch: Sollte es stimmen, wäre das ein Skandal. „Würde sich herausstellen, dass Berger V-Mann war, ich will das aber auch explizit im Konjunktiv sagen, dann hätte das natürlich auch eine besondere Dimension, weil es wirklich bedeuten würde, dass jemand, der vom Staat bezahlt wird, Polizisten erschossen hätte.“ Donnerstag (14.04.2016) und Freitag will der Ausschuss diesen und weiteren Fragen auf den Grund gehen. Dazu werde der Neurologe, der Berger untersuchte und auch der damalige Chef des Staatsschutzes der Dortmunder Polizei als Zeugen aussagen. Wirklich Erhellendes könnte Bergers direktes Umfeld beisteuern. So werden ein NPD-Parteikamerad und sein nach eigenen Angaben bester Freund aussagen. Auch Bergers letzte Freundin steht auf der Zeugenliste. Ob sie aussagen kann, ist fraglich. Nach WDR-Informationen hat sie am Wochenende einen schweren Autounfall gehabt und liegt im Krankenhaus. Wieder einer dieser Zufälle, die im gesamten NSU-Komplex immer wieder auftauchen. Polizeigewerkschafter Frank Schniedermeier will den Fall im Ausschuss verfolgen. Nicht, weil er an das wilde V-Mann-Gerücht glaubt, sondern weil er hofft, dass der Fall danach endlich zur Ruhe kommt. Stand: 14.04.2016, 07:45
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Post by Admin on Apr 14, 2016 9:15:54 GMT 1
die NRW-NSU-Vorsitzende war doch zurückgetreten, weil sie Bergers anwältin war. Könnte was mit den V-Mann-Gerüchten zu tun haben?
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Post by mogadisch on Apr 14, 2016 22:08:06 GMT 1
die NRW-NSU-Vorsitzende war doch zurückgetreten, weil sie Bergers anwältin war. Könnte was mit den V-Mann-Gerüchten zu tun haben? Beachtlich finde ich auch: "Nach WDR-Informationen hat sie am Wochenende einen schweren Autounfall gehabt und liegt im Krankenhaus."
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Post by nsulm on Apr 14, 2016 22:31:40 GMT 1
Beachtlich finde ich auch: "Nach WDR-Informationen hat sie am Wochenende einen schweren Autounfall gehabt und liegt im Krankenhaus." Ventile und so? Ich sag ja, wir sollten echt mal einen Blick auf "verschwundene" Ermittler werfen ... .
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Post by Deleted on Apr 15, 2016 6:45:37 GMT 1
www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/michael-berger-polizistenmord-parallelen-nsu-100.htmlEx-Staatsschützer will Dortmunder Polizistenmörder nicht gekannt haben Von Christof Voigt und Tobias Al Shomer Update 15.04.2016: Im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags hat ein ehemaliger Dortmunder Staatsschützer für Ärger gesorgt. Er sollte am Donnerstag (14.04.2016) helfen, Verbindungen des dreifachen Polizistenmörders Michael Berger zur Terrorgruppe NSU zu suchen. Doch daraus wurde nichts. "Kann mich nicht erinnern, kenn ich nicht, sagt mir nichts." Mit seiner Aussage trieb der ehemalige Dortmunder Staatsschützer die NSU-Ausschussmitglieder buchständlich in den Wahnsinn, sie glaubten ihm kein Wort. Den Polizistenmörder Michael Berger habe er vor der Tat nicht gekannt, sagte der Zeuge. Obwohl Berger da schon tief in der Dortmunder Rechten Szene drin war. Selbst bekannte Gruppierungen wie der „Nationale Widerstand Ruhrgebiet“ sagten dem Zeugen angeblich nichts. Dabei war er von 1998 bis 2001 in leitender Position für die rechte Szene zuständig.
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Post by Deleted on Apr 15, 2016 8:00:44 GMT 1
www.ruhrbarone.de/nsu-ausschuss/125393NSU-Ausschuss will Umfeld von Michael Berger hören Eine Polizistin und zwei Polizisten hat der Neonazi und Waffennarr Michael Berger am 14. Juni 2000 getötet. Doch was für ein Mensch war er, wie war er der rechten Szene verbunden und in sie eingebunden? Damit befasst sich zurzeit der NSU-Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag. Nach der Aussage seines Neurologen und eines ehemaligen Staatsschutzbeamten am gestrigen Donnerstag werden heute ein mutmaßlicher Freund und die damalige Partnerin des Neonazis vor dem Gremium erwartet. Weil letztere vor Kurzem einen Unfall hatte, ist noch nicht klar, ob sie heute aussagen wird. Der Neurologe, der Michael Berger von 1997 bis 2000 vereinzelt wegen dessen Depressionen und Suizidgedanken behandelte, hatte diesen als widersprüchlichen Charakter beschrieben, dessen eher weiches, verletzliches Inneres nicht zur äußeren Erscheinung gepasst habe. Er hatte auch berichtet, mit einer Tat wie dem Mord an den drei Polizeibeamten Yvonne Hachtkemper, Thomas Goretzky und Matthias Larisch-von-Woitowitz nicht gerechnet zu haben. Der ebenfalls gestern geladene pensionierte Staatsschützer war, wie viele seiner Kollegen zuvor, nichts zur Klärung beitragen können. Er habe Michael Berger nicht gekannt und habe auch mit den Ermittlungen nichts zu tun gehabt, hatte er am Donnerstag mantraartig vor dem Ausschuss ausgesagt. Auch zur Verfasstheit der lokalen rechten Szene um die Jahrtausendwende konnte der von 1998 bis 2001 beim Staatsschutz für Rechtsextremismus zuständige Ex-Beamte kaum Informationen liefern.
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Post by Deleted on Apr 15, 2016 8:02:02 GMT 1
www.ruhrbarone.de/fall-berger-helfen-staatsschutz-und-neurologe-weiter/125328#more-125328Fall Berger: Staatsschützer hat keine Erinnerung Er war ein Freund des Neonazis Siegfried Borchardt und des V-Mannes Sebastian Seemann – doch als Michael Berger am 14. Juni 2000 drei Polizeibeamte und dann sich selbst erschoss, und die Polizei Waffen und rechte Propaganda fand, wurde sich bei den Ermittlungen in der rechten Szene auf den Staatsschutz verlassen. Die Mordkommission kümmerte sich nicht darum. Das hatte der Polizeibeamte Michael Schenk, der sowohl im Jahr 2000 die Ermittlungen zu den Morden des Michael Berger als auch 2006 im Mord an Mehmet Kubaşık in Dortmund ermittelt hatte, vergangene Woche vor dem NRW-Untersuchungsausschuss ausgesagt. Auch die Ausschusssitzungen am Donnerstag und Freitag befassen sich mit Michael Berger. Trotzdem seine Morde nicht in unmittelbarer Verbindung zum NSU stehen, lassen sich aus seiner womöglich Schlüsse auf die lokale und regionale Neonaziszene Anfang der 2000er Jahre ziehen. Und das ist einer der Untersuchungsgegenstände des Parlamentarischen Ausschusses im Landtag. Zwei Personen sind am heutigen Donnerstag ab 13.30 Uhr geladen: der Waltroper Neurologe Georg Heßmann und der ehemalige Dortmunder Staatsschutzmitarbeiter Georg Anders. Sie sollen weitere Informationen über die Person Berger und darüber geben, was die Polizei über den Nazi und die Szene wusste. Alexandra Gehrhardt und Sebastian Weiermann bloggen live aus dem Ausschuss. 13:55 Uhr: Georg Heßmann ist Psychotherapeut und Neurologe aus Waltrop. Michael Berger war ab 1997 immer „sehr selten“ bis zum Jahr 2000 bei Heßmann in Behandlung. Der Neurologe sagt, er habe nicht gewusst, was Herr Berger von ihm wollte. Berger habe mit Suizidgedanken gegenüber dem Arzt kokettiert. Das Innen– und Außenbild von Berger passten für den Arzt nicht zusammen, nach innen habe Berger weich und zerbrechlich gewirkt, und erzählt, dass er Selbstmordgedanken gehabt habe, wenn er allein zu Hause war. Eines Nachts habe Heßmann im Radio den Namen seines Patienten gehört und dann von der Tat erfahren. Heßmann schildert seine Verwunderung und Bestürzung, da ihm auch zwei der drei ermordeten Polizisten persönlich bekannt waren. Berger sei nur einmal im Jahr zu Herrn Heßmann gekommen, dann aber als Akut-Patient. Der Arzt habe Berger mehrmals geraten, sich in eine stationäre Behandlung zu begeben und sei froh gewesen, dass Berger diesen Wunsch im Jahr 2000 auch selbst äußerte. Heßmann sagt, dass er seinem Patienten einen erweiterten Selbstmord, womöglich innerhalb der Familie, zugetraut hätte, jedoch „nie auf die Idee“ eines Mordes an Polizeibeamten gekommen sei. Berger habe sich nie negativ zu Staat oder Polizei geäußert, generell nicht politisch. Das Fragerecht wechselt zu den Fraktionen. Der Abgeordnete Heiko Hendriks fragt noch einmal nach einer Behandlung Bergers 1991 während seiner Bundeswehr–Zeit. Berger sei einen Monat lang wegen einer reaktiven Depression stationär behandelt worden. Dies erzählte er auch Heßmann, bei der Bundeswehr habe sich Michael Berger allerdings nicht ernst genommen gefühlt. Hendriks fragt weiter, ob Berger vielleicht Medikamente gehortet habe und diese zu negativen Wechselwirkungen führten. Der Psychotherapeut hält das für möglich. Im Juni 2000 sei Michael Berger zum letzten Mal in Behandlung gewesen – der Zeuge erinnert sich schwach – und habe gefragt, ob der Arzt eine Einweisung in die Wege leiten könne. Er habe die Diagnose um schizoide Merkmale erweitert. Hendriks zitiert, und Heßmann bestätigt: Er habe nie so richtig gewusst, was bei Bergers Aussagen stimmte und was nicht. 14:08 Uhr: Andreas Kossiski (SPD) fragt noch einmal nach der Behandlungssituation Bergers. Berger habe sich als Notfall gemeldet, der Neurologe habe ihn immer als letzten Patienten dran genommen, um mehr Zeit für ihn zu haben. Michael Berger erzählte wenige private Dinge. Kossiski fragt noch einmal nach politischen Auffälligkeiten: Dem Neurolgen fällt ein, dass Berger im Autohaus, in dem er arbeitete, Patronen auf seinem Schreibtisch gehabt habe. Dies erfuhr Heßmann aber erst im Nachhinein. Das Berger ein „Waffenliebhaber“ war, war Georg Heßmann nicht bekannt. Bei der Polizei meldete sich der Neurologe selbstständig. Es blieb bei einer Vernehmung durch Polizeibeamte. Joachim Stamp (FDP) fragt, ob der Arzt es für möglich hält, dass Michael Berger seine späteren Opfer, die zwei Polizisten aus Waltrop, kannte. Georg Heßmann hält das für unwahrscheinlich. Auch über eine mögliche Spitzeltätigkeit (über die derzeit spekuliert wird) habe Michael Berger sich bei dem Neurologen nicht geäußert. Birgit Rydlewski (Piraten) fragt, ob sich Michael Berger mit der Tat womöglich selbst habe aufwerten wollen. Heßmann bestätigt, dass es dieses Verhalten gibt, und hält das auch bei Berger für möglich. Damit endet die Befragung des ersten Zeugen. Weiter geht es um 15.30 Uhr. 15:45 Uhr: Nun sagt Georg Anders aus. Als Michael Berger drei Polizisten in Dortmund und Waltrop tötete, leitete er die Staatsschutz-Abteilung der Dortmunder Polizei. Georg Anders (67) ist im Jahr 2009 pesoniert worden. seit 1972 beim PP Dortmund gewesen, war im Bereich Rauschgiftkriminalität, organisierte Rauschgiftkriminalität, und wurde 1998 bis April 2001 Leiter des Kriminalkommissariats 1. Anschließend war in der „Kriminalitätsbekämpfung“ im Bereich Hörde. Der Vorsitzende Sven Wolf fragt, inwieweit Herr Anders in die Ermittlungen um die Morde durch Michael Berger involviert war. „Gar nicht“, antwortet der Zeuge. „Ich kann mich daran gar nciht erinnern.“ Der Staatsschutz sei damals nicht involviert gewesen, er habe Michael Berger nicht gekannt. Anders habe erst im Nachhinein erfahren, dass der Täter womöglich eine rechte Gesinnung gehabt. Bei den Untersuchungen war der Zeuge nicht dabei. Georg Anders ist heute geladen, so erläutert Sven Wolf, weil ein anderer Zeuge Hinweise gegeben hatte, dass Anders Auskünfte dazu geben könne. Vor einer Woche hörten wir im NSU-Ausschuss vom Mordkommissionsleiter Michael Schenk was der Staatsschutz alles übernommen habe. Jetzt sagt der Staatsschützer er sei nicht eingebunden worden und sonst hat er keine „Erinnerungen“. Wolf hält einen Vermerk vor – Georg Anders sieht das Kürzel: „Dann habe ich das wohl gelesen, erinnern kann ich mich nicht.“ Er weiß nicht, mit wem er telefoniert hat und auch ansonsten weiß er nicht viel. Der Mord an den drei Kollegen, erinnert Wolf, sei „der schwärzeste Tag in der Geschichte der Polizei in Dortmund“ gewesen. Wurde darüber im Kollegenkreis gesprochen? „Das mag sein. Sicher.“ 15:55 Uhr: Und plötzlich sagt der Zeuge einen Satz, der die gesamte Ignoranz gegenüber militanter rechter Gewalt – und vor allem dem Willen, sich zumindest an den Versuchen von Aufklärung zu beteiligen – greifbar macht. Mit Blick auf die Erinnerungslücken des Zeugen betont der Ausschussvorsitzende, dass der Mord an drei Kollegen nach der Tat jeden Tag Thema bei der Dortmunder Polizei gewesen sein muss. „Das mag sein“, antwortet der Zeuge, „doch für mich ist das abgeschlossen.“ – „Für uns aber nicht“, entgegnet Wolf. – „Das mag sein, aber ich erinnere mich nicht.“ Wolf fährt harte Geschütze auf. Erstmals belehrt er einen Zeugen, dass gegen diesen ein Ordnungsgeld festgelegt werden kann, wenn er nicht langsam versucht sich zu erinnern. Wolf betont, das Ordnungsgeld sei eine Strafe und es könne auch zur Ordnungs- oder Erzwingungshaft gegen den Zeugen kommen. Er liest die gesamte Belehrung über die Zwangsmittel vor. Die Wut des Vorsitzenden ist spürbar, der Zeuge antwortet erneut, dass er einfach keine Erinnerung habe. 16:12 Uhr: Die Fragerunde für die Fraktionen ist eröffnet. Heiko Hendriks legt los. Er stellt dem Zeugen viele Fragen. Aber der Zeuge kann sich an nichts erinnern. Und viele Dinge sagen ihm nichts. Immerhin hat er den Namen Siegfried Borchardt schonmal gehört. Der Name Michael Berger sei ihm erst wieder eingefallen, als Nadja Lüders vor einem Jahr vom Vorsitz des PUA zurücktrat. Sven Wolf fragt nochmal, warum sich der Zeuge an nichts erinnert. Dieser sagt, er habe viele Kriminelle gehabt und erinnere sich nicht an viele Namen. „Warum auch?“ sagt er. Andreas Kossiski (SPD) ist nicht gut gelaunt. Er sagt, dass er mit 41 Jahren Erfahrung im Polizeidienst kein Verständnis für die Aussage von Georg Anders habe. Er fragt den Zeugen, ob er freiwillig zum Staatsschutz gegangen sei. Das bejaht Georg Anders. Zwei, drei Sätze aus dem Alltag kommen ihm dann doch über die Lippen. Rudolf Hess sei damals ein großes Thema bei den Rechten gewesen und man habe Demonstrationen begleitet. Kossiski habe nicht einen Kollegen getroffen, den die Tat damals nicht berührt habe. Georg Anders sagt er habe die Tat von Michael Berger „verdrängt“. Warum, sagt der Zeuge allerdings nicht. Jetzt sagt Anders, dass er sie doch nicht „verdrängt“ habe, sich aber nicht erinnern könne. Eine Geschichte aus dem Bereich Rauschgift fällt Anders dann doch ein. In den 1980er Jahren hab es mal einen großen Prozess gegeben. Das sei „eine tolle Sache“ gewesen. Im Fall Berger sei Georg Anders nur „dienstlich betroffen“ gewesen, was auch immer das heißt. Wolf unterbricht die Sitzung für zehn Minuten – „dann haben Sie die Gelegenheit, in sich zu gehen, und ich habe Zeit, mich zu beruhigen.“ 16:48 Uhr: Es geht weiter mit der „Aussage“ von Georg Anders. In der Pause redeten mehrere Bedienstete des Innenministeriums auf den pensionierten Polizisten ein. Vielleicht gelang es ihnen ja, seine Zunge zu lockern. Zum Einstieg geht es jetzt um eine Geburtstagsfeier von Siegfried Borchardt. Bei diesem Einsatz war Herr Anders auch direkt beteiligt, er habe direkt mit „Siggi“, Anders verbessert sich, er sagt „Herrn Borchardt“ gesprochen. Wegen „Heil Hitler“-Rufen sei Borchardt damals sogar verurteilt worden. Immerhin ein Einsatz an den sich der ehemalige Staatsschützer erinnern kann. Monika Düker (Bündnis 90/Grüne) fragt, ob Herr Anders sich an die auf die Morde folgende Debatte erinnert – damals wurde die Sicherheit von Polizeibeschäftigten diskutiert, im Anschluss Menschen im Polizeidienst mit Westen und Maschinenpistolen ausgestattet. Düker macht einen Aktenvorhalt zur Trauerfeier. Dort sei ein Mitglied der rechten Szene im Umfeld aufgetaucht. Herr Anders sagt, Selm-Bork wo die Trauerfeier stattfand sei nicht sein Zuständigkeitsbereich gewesen. Düker fragt nochmal allgemeiner nach der Arbeit des Staatsschutzes – und betont dabei noch einmal, dass Anders den Bereich Rechtsextremismus leitete. Zu Michael Berger kann der Zeuge nichts sagen. An andere Namen, etwa den des damaligen NPD-Aktivisten Pascal Zinn, hat der Zeuge (Überraschung!) keine Erinnerung. An einen Aktenvermerk des Staatschutzes, in dem der davon ausgeht, dass Pascal Zinn und Siegfried Borchardt eine neue Kameradschaft mit dem Namen „Nationaler Widerstand Ruhrgebiet“ gegründet hätten, erinnert sich der Zeuge auch nicht. Er spekuliert das der Aktenvermerk, in dem es um Dortmunder Nazis geht, von einer auswärtigen Dienststelle stammen könnte. 17:02 Uhr: Dem Zeugen wird jetzt eine Namensliste der „Kameradschaft Dortmund“, die bei Zinn gefunden wurde gezeigt. Auf der Liste steht auch der Name Michael Berger. Der Zeuge Georg Anders, erinnert sich nicht an diese Liste. Anders versucht erneut, zu erklären, warum er einfach so gar nichts weiß. Womöglich hätten Kollegen Informationen gehabt, die nicht an ihn weitergeleitet wurden, es habe ein Kommisariat für „Rechts“ und eins für „Links“ gegeben. Zusätzlich gab es „Aufklärer“ möglicherweise hatten die mehr Informationen, dass will Herr Anders ihnen aber nicht unterstellen. Auch wenn er dies andeutet. Bei Dienstbesprechungen des Staatschutzes sei es nicht nur um Rechtsextremismus gegangen. Auch um Linksextremismus. Öcalan sei ein großes Thema gewesen. „Wie sie in diesem Kommissariat gearbeitet haben, ist mir schleierhaft“, sagt Düker. Zu seiner Dienstzeit hätten die größten Demonstrationen von Neonazis in Dortmund stattgefunden, es habe keine Sitzung im Innenausschuss ohne das Thema Dortmund gegeben, sagt Düker, die dabei laut wird. Anders sagt, das seien alles einzelne Aktionen gewesen. Fast jedes Wochenende. Düker ist sehr echauffiert, sie sagt, Dortmund sei die Stadt mit den größten Neonazi-Demonstrationen in Westdeutschland gewesen. Um kurz vor 17 Uhr bricht Sven Wolf die Vernehmung ab und beendet den öffentlichen Sitzungsteil. Er möchte, so sagt er, dem Zeugen die Gelegenheit geben, sich noch einmal daran zu erinnern, was er in seiner Zeit beim Staatsschutz alles getan habe. Und wird ihn noch einmal als Zeugen laden. Das angedrohte Ordnungsgeld wurde bis jetzt nicht verhängt. Sollte es noch geschehen, wäre es nicht mehr als ein Symbol, aber wenigstens das. Geschieht es nicht, wird sich der Eindruck des NSU-Ausschuss als zahnloser Tiger weiter verfestigen.
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Post by Admin on Apr 22, 2016 15:44:56 GMT 1
27. April 2016 ab 10:00 Uhr, E3 – A02 10:00 Uhr: Jörg Szemmeitat 13:00 Uhr: Dr. Hartwig Möller Der Zeuge leitete von Oktober 1999 bis Ende Juni 2009 die Abteilung 6/Verfassungsschutz im Ministerium für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen. Der Zeuge wurde 2012 bereits im Bundestags-Untersuchungsausschuss vernommen. Das Protokoll findet sich hier. Hier geht es zur offiziellen Tagesordnung der Sitzung. nrw.nsu-watch.info/ausschuss-sitzungen-im-april/
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Post by Admin on Apr 27, 2016 8:46:07 GMT 1
(27.4.2016) In der Sitzung des Untersuchungsausschusses III (NSU) am 18. Februar 2016 ist der als Zeuge geladene Toni Stadler nicht erschienen. Er ließ durch seinen Zeugenbeistand mitteilen, aufgrund eines Gichtanfalls nicht vernehmungsfähig zu sein. Heute, am 27. April 2016 um 10.30 Uhr, wird der Zeuge nach polizeilicher Vorführung durch den Ausschuss öffentlich vernommen. Sven Wolf MdL, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses III (NSU), erklärt hierzu: „Nachdem der Zeuge Toni Stadler zu seiner Zeugenvernehmung nicht erschienen ist, hat der Ausschuss noch im nicht-öffentlichen Sitzungsteil beschlossen, gegen den Zeugen die Festsetzung von Ordnungsmitteln zu beantragen, sollte er sein Ausbleiben nicht durch Vorlage eines entsprechenden Attestes belegen. Ein entsprechendes Attest ist auch auf Aufforderung nicht vorgelegt worden. Daher ist beim zuständigen Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch mich als Vorsitzender ein Antrag auf Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes sowie auf Anordnung der polizeilichen Vorführung zum nächsten Vernehmungstermin eingereicht worden. Antragsgemäß hat das Oberlandesgericht sowohl ein Ordnungsgeld festgesetzt als auch die polizeiliche Vorführung angeordnet. In Vollstreckung dieses Beschlusses ist der Zeuge Toni Stadler heute von Beamten des Polizeipräsidiums Dortmund von seiner Wohnanschrift abgeholt und in den Landtag gebracht worden. Hier wartet der Zeuge unter Bewachung durch Justizwachtmeister auf seine Vernehmung in der heutigen Ausschusssitzung.“ Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_II/II.1/Oeffentlichkeitstsarbeit/Informationen.jsp?oid=157732
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Post by Deleted on Apr 27, 2016 10:46:45 GMT 1
www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44137-Dortmund~/Neonazi-aus-Dortmund-Ehemaliger-V-Mann-sagt-heute-vor-NSU-Ausschuss-aus;art930,3004449 Neonazi aus Dortmund Ehemaliger V-Mann sagt heute vor NSU-Ausschuss aus DORTMUND/DÜSSELDORF Überraschende Vernehmung im heutigen NSU-Auschuss im Düsseldorfer Landtag: Der bereits für den 18. Februar als Zeuge geladene Toni S. wird heute polizeilich vorgeführt. Zu seiner ursprünglich geplanten Vernehmung war er nicht erschienen. Von der Aussage von S. erhoffen sich die Ausschussmitglieder Einblicke in die rechtsradikale Szene in Brandenburg und vor allem in Dortmund. Toni S., am 21. September 1974 in Guben geboren war seit Anfang der 90er-Jahre in der Neonazi-Szene in Cottbus und Guben aktiv. 1997 gründete Toni S. in Guben eine Reservistenkameradschaft, veranstaltet Wehrübungen und Kameradschaftsabende mit dem harten Kern der Neonazi-Szene rund um Cottbus. Laut dem Blog NSU-Watch soll er damals intern besonders für Schießübungen auf den Truppenübungsplätzen der Bundeswehr geworben haben. Am 20. Juli 2002 nahmen Berliner Staatsschützer Toni S. bei einer Razzia bei einem Neonazi-Konzert in Berlin-Marzahn fest. Die Aktion, getarnt als routinemäßige Razzia, galt offenbar allein ihm. S. gab sich schnell als V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes zu erkennen. In der Folge äußerte der brandenburgische Verfassungsschutz massive Kritik an den Berliner Ermittlern. Man habe eine Top-Quelle verbrannt und so weitere Ermittlungen in der rechten Szene torpediert. Vertrieb von knüppelhartem Nazi-Rechtsrock Der damals 28-Jährige war maßgeblich am Vertrieb von knüppelhartem Nazi-Rechtsrock wie „Landser“ beteiligt. Gegen die Band wurde damals wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Zudem war S. auch maßgeblich am Vertrieb der CD „Noten des Hasses“ beteiligt. Selbst S. bezeichnet die Texte vor Gericht als „starken Tobak“. Auf der CD wird unter anderem zum Mord an TV-Moderator Alfred Biolek, Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth und den damaligen Potsdamer Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg aufgerufen. Rautenberg verlangte – so berichtet der „Spiegel“ – in einem Brief an die Kollegen eine Erklärung über die Rechte von V-Leuten. Der Verfassungsschutz dürfe zwar Propagandadelikte „dulden“, aber keineswegs Straftaten gestatten, vor allem nicht Aufrufe zu schweren Verbrechen. Straftaten mit Wissen und Duldung der Verfassungsschützer Das Landgericht Berlin verurteilte Toni S. am 11. November 2002 wegen Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung. Der Vorsitzende Richter sah es als erwiesen an, dass Toni S. seine Straftaten mit Wissen und Duldung der Verfassungsschützer begangen habe – daher das recht milde Urteil. Das brandenburgische Innenministerium sprach im November 2012 dagegen von Schutzbehauptungen und weist jede Mitschuld des Verfassungsschutzes zurück. Der V-Mann Toni S. habe sich „durch eigenmächtige Aktionen strafbar gemacht“. Daher sei seine Verurteilung zu begrüßen. Toni S. kam in ein Zeugenschutzprogramm nach Dortmund S. kam kurz nach seiner Verurteilung in ein Zeugenschutzprogramm. Offenbar auf eigenen Wunsch zog er 2003 nach Dortmund. Hier wollte er angeblich ein neues Leben beginnen. In einer Stadt, die auch damals schon als Zentrum der Rechtsradikalen in Westdeutschland galt. 2006 erschoss mutmaßlich der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) in der Dortmunder Nordstadt den türkischstämmigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik. Laut einer früheren Aussage eines leitenden Ermittlers der damaligen Mordkommission wurde den Beamten erst 2011 klar, dass S. ebenfalls in der Nordstadt lebte und sich zum Zeitpunkt des Mordes an Kubasik in einer Funkzelle im Bereich Nordstadt befand. Ermittelt wurde gegen S. dennoch nicht. "Mir wurde aber gesagt, dass es mir nicht zusteht, da weiter nachzufragen" Der Ermittler gab an, dass er von der Generalbundesanwaltschaft die Order erhalten habe, S. nicht als Beschuldigten zu führen. Eine Begründung dafür gab die Generalbundesanwaltschaft offenbar nicht ab. Der Ermittler: „Mir wurde aber gesagt, dass es mir nicht zusteht, da weiter nachzufragen.“ Da weiter nachzufragen, wird heute Aufgabe des Ausschusses sein.
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Post by Deleted on Apr 27, 2016 15:54:23 GMT 1
www1.wdr.de/archiv/nsu/v-mann-zwangsvorgefuehrt-100.htmlNSU-Ausschuss: V-Mann wird zwangsvorgeführt Gegen seinen Willen musste am Mittwoch (27.04.2016) ein früherer V-Mann des Verfassungschutzes vor dem NSU-Ausschuss in Düsseldorf aussagen Toni S. bestritt jegliche Verbindung zum Terror-Trio Seit 2003 habe er nichts mehr mit der rechten Szene zu tun Es ist ein Novum in den Untersuchungsausschüssen zur rechten Terrorgruppe NSU: Zum ersten Mal ist ein Zeuge von der Polizei zu Hause abgeholt und zur Sitzung in einen Landtag gebracht worden. Ursprünglich sollte Toni S., ehemaliger V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz Brandenburg, schon Mitte Februar aussagen. Damals erschien er aber nicht und lieferte auch kein ärztliches Attest. Deshalb beantragte der NSU-Ausschuss des NRW-Landtages die polizeiliche Vorführung. Dass er nur widerwillig vor dem Untersuchungsausschuss aussagt, daraus macht der ehemalige V-Mann Toni S. direkt zum Auftakt keinen Hehl, als er von zwei Justizwachtmeistern zum Zeugenplatz begleitet wird. "Ich bin ja nicht freiwillig hier", sagt er schnodderig zum Ausschussvorsitzenden Sven Wolf (SPD). Die Vernehmung ist den Ausschussmitgliedern dennoch so wichtig, dass sie durch das Düsseldorfer Oberlandesgericht sicherstellen ließen, dass der Zeuge auch erscheint. Toni S. lebt seit 2003 in Dortmund, wohnte nur 750 Meter vom Kiosk des 2006 ermordeten Mehmet Kubaşık entfernt. Das stimme zwar, erklärt er dem Ausschuss, er sei aber nie in dem Laden drin gewesen. Er habe Kubaşık auch nie gesehen, ihn nicht gekannt. War S. mit Mundlos in Dortmund? Bundesweit bekannt geworden ist Toni S. 2013. Ein ehemaliger Spitzel der Dortmunder Polizei hatte ausgesagt, dass er ihn 2006 nur wenige Tage vor dem Mord an Kubaşık zusammen mit Uwe Mundlos und einer Frau in Dortmund gesehen haben will. Der Spitzel war Taxifahrer und will mit Toni S. zusammen Mundlos und die Frau in Dortmund am Bahnhof abgeholt haben. Vor dem Ausschuss weist der ehemalige V-Mann diese Behauptung zurück. Auch das BKA habe das ja schon als unglaubwürdig eingestuft. "Wissen Sie, wenn das nicht so einen traurigen Hintergrund hätte, dann würde ich mich jetzt hier über so einen Mist schlapp lachen", raunzt er vor dem Ausschuss. In der Szene gilt er als Verräter Seine Bedeutung in der rechten Szene spielt er runter. Dabei war Toni S. eine zentrale Figur der rechten Szene in Brandenburg. Er war nah dran, so nah, dass der Verfassungsschutz in Brandenburg ihn als V-Mann anwirbt. Bekannt wird das 2002, als er wegen des Vertriebs einer volksverhetzenden CD zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird. S. liefert auch Infos zur bekannten Rechtsrock-Band "Landser“, die 2003 als kriminelle Vereinigung verboten wird, auch dank der Infos von Toni S. In der Szene gilt er jetzt als Verräter. Er zieht aus Brandenburg weg, ausgerechnet nach Dortmund. "Dass Dortmund ein Hotspot der Naziszene war, wusste ich nicht. In der Musikszene ist das auch kein Zentrum, eher ein Zentrum von politischen Akteuren", erläutert er den Abgeordneten. Keiner glaubt ihm. Alle wundern sich, warum er als enttarnter V-Mann ausgerechnet nach Dortmund gezogen ist. Jede Menge Dementis Immerhin geht Toni S. nicht in eine komplette Verweigerungshaltung wie andere Zeugen aus der rechten Szene. Er erzählt gerne und viel. Er relativiert, er dementiert, er versucht, in jeder Aussage jeden Verdacht von sich zu stoßen. Eine seiner zentralen Aussagen: "Wenn ich das wüsste, dann würde ich ihnen das sagen. Keine Frage. Das ist selbstverständlich." Vorhalte der Obleute aus den Akten offenbaren aber, wie nah Toni S. an den Kreisen dran war, die direkten Zugang zum NSU gehabt haben sollen. Er muss eingestehen, Carsten Szepanski, auch bekannt als V-Mann Piatto, zwei bis drei Mal getroffen zu haben. Szepanski hatte schon früh Hinweise auf das untergetauchte Trio an seinen V-Mann geliefert. Damit wird sich bald der 11.Untersuchungsausschuss in Brandenburg beschäftigten. Jan Werner, führender Kader der inzwischen verbotenen, militanten Nazi-Gruppierung "Blood & Honour“ in Sachsen, habe er einmal in Chemnitz getroffen. Piatto berichtete auch an seinen V-Mannführer, dass Werner den Auftrag habe, Waffen für das Trio zu besorgen. Einen direkten, nachweisbaren Bezug von Toni S. zum NSU gibt es bislang nicht. Den können auch die Obleute im Ausschuss nicht vorhalten. In ihrer Befragung zeichnen sie aber ein Bild eines ehemaligen Rechtsextremisten, der sehr nahe am Trio dran war. Nicht ausgeschlossen, dass ihm das gar nicht bewusst war. Stand: 27.04.2016, 13:37
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Post by Deleted on May 1, 2016 9:33:36 GMT 1
www.terz.org/texte/texte_1605/nsu.htmlHöflichst nachgefragt Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung über die Ermittlungen zu den Taten des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes in Nordrhein-Westfalen vergisst, die Krallen zu zeigen. Gründe dafür, anzugreifen und konkreter zu werden, gibt es genug. Ein Rückblick auf die vergangenen Monate im Düsseldorfer Landtag. „Der NSU-Komplex“ hieß die Fernsehdokumentation der ARD, die in der ersten Aprilwoche im Kreis derer, die sich für die Thematik interessieren, für mittelgroßen Aufruhr sorgte. Abgesehen vom Titel*, den das Doku-Team um Ex-Spiegel-, heute WELT-Herausgeber Stefan Aust für seinen Film gewählt hat, ist der Bericht der erfahrenen Journalist*innen ein perfekter Scoop. Auch wenn die Basis-Informationen eigentlich nicht spektakulär neu sind. Nur ausgebuddelt und dargestellt hat sie bisher niemand.** In der Fernseh-Doku und auch im parallel veröffentlichten Print-Artikel „NSU-Mörder arbeitete bei V-Mann des Verfassungsschutzes“ (WELT, 6.4.2016) führen die Autoren Stefan Aust, Dirk Laabs und Helmar Büchel detailliert aus, was sie in lange schon vorliegendem Material ausrecherchiert haben: Es ist gut möglich, dass Uwe Mundlos, Täter im vermeintlichen Kerntrio des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), bei einem Neonazi aus Zwickau gearbeitet hat, der als V-Person im Dienste des Bundesamtes für Verfassungsschutz stand. In eben jenem Zeitraum wurden die ersten vier Morde ausgeführt: in Nürnberg, München und Hamburg. Orte, in denen auch der Abriss-Bau-Betrieb Aufträge hatte. Ralf Marschner alias „Manole“, alias V-Mann „Primus“ soll Mundlos, vielleicht auch Beate Zschäpe in seinem Bau-Abriss-Unternehmen bzw. in seinem Szene-Laden beschäftigt haben. Und das in der Zeit, als in Nürnberg Enver Şimşek und Abdurrahim Özüdoğru, in Hamburg Süleyman Taşköprü und in München Habil Kılıç ermordet wurden. Einer Zeit, in der es durchaus möglich war, dass der Bundesverfassungsschutz über seinen V-Mann „Primus“ gewusst haben kann, wo die ‚abgetauchten‘ Neonazis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe sich aufhalten – selbst wenn damals der Bezug der drei zu den Morden vom VS nicht hergestellt worden sein mag. Am Mittwoch, den 20. April hat Bundesanwalt Herbert Diemer im NSU-Prozess am Münchener Oberlandesgericht den Beweisantrag der Neben-klagevertreter*innen, mindestens Marschner in den Zeugenstand zu rufen, abgeschmettert: Selbst wenn es stimmen würde, dass „Primus“ Mundlos und/oder Zschäpe beschäftigt habe (und der VS davon gewusst hat?), seien diese Zusammenhänge für die Schuldaufklärung im Strafprozess gegen Zschäpe u.a. nicht relevant. Wie die Nebenklage nach der Stellungnahme Diemers feststellte, ist dessen Weigerung, diese Spur in den Prozess einzuführen, eindeutig als „Aufkündigung des Aufklärungsversprechens an die Opfer der NSU-Verbrechen“ zu werten (http://nsu-nebenklage.de/blog). Am Gängelband „solcher Leute“ Ob der zweite, seit Dezember 2015 eingesetzte Bundestags-Untersuchungsausschuss zum NSU den V-Mann „Primus“ laden wird, steht für den Augenblick noch nicht fest. Der dortige Ausschuss-Vorsitzende, Ex-Polizist und CDU-Mann Clemens Binninger, soll sich dahingehend geäußert haben, dass er „solchen Leuten eigentlich keine Bühne bieten“ wolle (junge welt, 22.4.2016). Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag, der sich mit der Ermittlungs- und Strafverfolgungsarbeit von Polizei und Justiz in NRW – aber auch mit der Kenntnislage und Informations-Aufgabe des hiesigen Verfassungsschutzes – zum Thema „NSU“ und der Neonazi-Szene in Nordrhein-Westfalen beschäftigt, sind in den letzten Monaten aber durchaus Personen befragt worden, die man als „solche Leute“ bezeichnen könnte. Denn zum einen hat der Ausschuss mit Kevin Schmiemann und Sebastian Seemann zwei (ehemalige) Dortmunder Neonazis geladen, von denen er, teils in nicht-öffentlicher Sitzung, Interna erfahren wollte: Wie die Dortmunder Neonazi-Szene zur Frage terroristischer Gewalt gestanden hat? Wie sie aufgebaut war und ist? Und ob die naheliegende Vermutung, die Dortmunder Nazi-Musikszene sei der ‚Ort‘ an dem sich rund um die Band „Oidoxie“ und ihre Saalschutz-Truppe „Oidoxie Streetfighting Crew“ terroristische Strukturen gebildet hätten, zutreffend ist? Auch geladen war zuletzt – am 15.April 2016 – Patrick D., genannt „Langer“, der als vorgeblich bester Freund des dreifachen Polizist*innen-Mörders Michael Berger, wie dieser selbst der Nazi-Szene in Dortmund angehörte. Die Skepsis, Nazis durch ihre Ladung vor den PUA eine Bühne zu bieten, sollte sich im Düsseldorfer Landtag rückblickend zumindest teilweise als berechtigt erweisen. Mehr noch aber hatten sich der Ausschuss und seine Mitglieder für die Befragung der Nazi-Zeugen deutlich zu leichtgewichtig aufgestellt. Wenn ein Ausschuss Nazis befragt, sollte er zumindest darauf vorbereitet sein, dass diese – natürlich – nicht aus dem Nähkästchen plaudern werden. Die Befragten sind schließlich Nazis. Mit viel Wohlwollen bleibt aber auch in anderer Hinsicht kein großer Spielraum im Urteil über die Ausschuss-Zeug*innen und deren Befragungen: die Aussagen von Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes – also irgendwie auch „solchen Leuten“ – fielen nachgerade frustrierend und empörend dürftig aus. Schon Ende Februar hatte der Ausschuss mit Cornelia de la Chevallerie eine hochrangige Mitarbeiterin des Innenministeriums geladen. Als Gruppenleiterin über die Referate „Auswertung Linksextremismus/-terrorismus“, „Auswertung Rechtsextremismus/-terrorismus“ und über das Referat „Beschaffung“ (Führung von V-Personen) in der Abteilung 6 (vulgo: Verfassungsschutz) – wollte der Ausschuss sie ausdrücklich zu zwei Sachverhalten bzw. Zusammenhängen befragen. Keine Selbstzweifel So sollte es am 26. Februar zuerst um die Zusammenarbeit von VS und Staatsschutz bzw. Polizei im Zusammenhang mit dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße gehen. Nur einen Monat nach dem Anschlag am 9. Juni 2004 hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz in einem als vertraulich eingestuften Dossier festgestellt, dass der Bombenanschlag in seiner Ausführung, in der Wahl der potentiellen Opfergruppe und in der technischen Ausfertigung der Bombe gewisse Ähnlichkeiten mit den sog. „Copeland“-Attentaten des britischen Neonazis David Copeland hatte. Copeland hatte 1999 mit drei Sprengstoffanschlägen in London über die Wahl der Tatorte Zeichen für die rassistischen und extrem rechten Motive seiner Taten gesetzt. Doch nicht nur mit vergleichender Analyse, auch mit konkreten Namen konnte das BfV in seinem Dossier aufwarten: Vier Neonazis aus dem Großraum Köln nannte das Dossier, denen es eine Tat wie den Anschlag in der Keupstraße zutraute. Ohne den sonst üblichen Umweg über das Landesamt für Verfassungsschutz teilte das BfV der Kölner Polizeibehörde den Namen eines dieser vier Neonazis mit. Timm R., auf den der Bundes-Geheimdienst die Ermittlungsbehörde vor Ort aufmerksam machte, war wegen eines Sprengstoffdeliktes bereits vorbestraft. Dass die Information über Timm R. bereits bei der Kölner Polizei vorlag, teilte das BfV den Kolleg*innen in NRW – hier der Zeugin de la Chevallerie als Gruppenleiterin – über ein Schreiben mit. Darüber hinaus forderte das Bundesamt die Verfassungsschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen hier zugleich dazu auf, das gesamte Dossier der polizeilichen Ermittlungsbehörde in Köln zur Kenntnis zu geben. Das war aber nachweislich nicht geschehen. Die Kölner Polizeibeamt*innen hatten keine Ahnung vom Inhalt des Dossiers. Warum war die Weiterleitung an die Polizei – wie vom BfV über de la Chevalleries Schreibtisch beauftragt – nicht geschehen? In ihrer kruden Logik teils schwer nachvollziehbarer Ausreden entwickelte die Zeugin phantasievolle Gründe für den Erkenntnis-Stau im Landesamt: Sie sei davon ausgegangen, dass das Bundesamt das gesamte Dossier an die Polizei weitergegeben habe – nicht nur die Einzel-Information zu Timm R. Nachgefragt habe sie aber nicht. Weder bei der Polizei in Köln noch bei der Bundesbehörde und ihren Absender*innen. Die Frage, warum das BfV entgegen jeder Regel ein ganzes, geheimes Dossier an die Polizei übergeben haben sollte, schien im Rechtfertigungshorizont der Zeugin jedoch vollständig undenkbar. Kein Selbstzweifel sollte verfangen. Die Erkenntnisse des Bundesamtes – der „einzige Lichtblick im gesamten NSU-Komplex“, wie der Ausschuss-Vorsitzende Sven Wolf sich ausdrückte – blieben also bei Cornelia de la Chevallerie stecken. Der Auftrag des BfV, sie der Kölner Polizei für deren Arbeit zu Kenntnis zu geben, blieb unerledigt. Wie leicht ließe sich darüber nachdenken, wie viele Jahre der Überwachung, Beschuldigung und Täter-Opfer-Umkehr den Betroffenen in der Keupstraße erspart geblieben wären, wenn de la Chevallerie im Juli 2004 getan hätte, was ihr Auftrag war. Keine Ahnung: NfD Als es bei der Befragung der Verfassungsschützerin anschließend um die Erkenntnisse ihrer Behörde zur Nazi-Szene in Dortmund ging, vermochte die Zeugin wie zuvor bereits niemanden zu überzeugen. Ja, sicher sei man durchaus an den organisierten Dortmunder Nazis dran gewesen, habe Erkenntnisse zur Musik-Szene gesammelt und in diesem Zusammenhang auch beobachtet und berichtet bekommen, dass sich gerade dort auch gewaltbereite Zellen entwickelten. Doch Anhaltspunkte dafür, dass es eine bedenkliche Formierung rund um die Band „Oidoxie“ gab, die mit ihrer „Streetfighting Crew“ den Organisationsformen und Terror-Konzepten von Combat 18 zu entsprechen suchte, will de Chevalleries Auswertungs- und Beschaffungsgruppe nicht gesehen haben. Es sei schließlich kein Schritt in Richtung gewalthafter Übergriffe getan worden. So stellt sich angesichts dieser unbefriedigenden Aussage einmal mehr die Frage, welche Daseinsberechtigung ein Verfassungsschutz hat, wenn seine Mitarbeiter*innen erst von sicheren Erkenntnissen und von Handlungsbedarf sprechen, wenn die (sprichwörtliche) Bombe bereits hochgegangen ist. Wer sich bis dahin als Gast oder Ausschuss-Mitglied noch nicht darüber aufgeregt hat, welch Schaustück die leitende VS-Mitarbeiterin hier zum Besten gab, hatte am Rande der Befragung zur Dortmunder Neonazi-Szene schließlich auch noch das Vergnügen, die volle Selbstherrlichkeit der Schlapphüte zu spüren zu bekommen. Denn im Zusammenhang mit Vorhalten, die die Politiker*innen der Mitarbeiterin des Innenministeriums machen wollten, zeigte sich, wer im Ausschuss die Macht hat, über Grenzen und Möglichkeiten von Aufklärung zu bestimmen. Denn als Verena Schäffer (Bündnis 90/Die Grünen) der Zeugin eine Akte vorhalten wollte, die mit „nur für den Dienstgebrauch“ (NfD) gekennzeichnet war, verweigerte de la Chevallerie die Aussage. Diese Geheimhaltungsstufe berechtige sie, zu Akteninhalt und Sachverhalt zu schweigen. Mitnichten sei das so, meinte der Vorsitzende Wolf. Der PUA in NRW folge der Rechtsauffassung des Bundestagsuntersuchungsausschusses. Und nach dieser seien die Akten „nur für den Dienstgebrauch“ freigegeben. Der Blickwechsel der Zeugin mit ihren Vorgesetzten, die sich im Ausschuss-Saal in Augenkontakt-Reichweite mit ihrer Mitarbeiterin befanden und diese schon einige Male zuvor wohl mehr nervös als souverän hatten wirken lassen, sprach Bände. Und auch, als Wolf mit Nachdruck darauf hinwies, dass er als Ausschussvorsitzender das Parlament vertrete, dem sich die Abteilungen des Innenministeriums weisungsgemäß zu verhalten hätten, blieb es dabei: Die Zeugin schwieg in öffentlicher Sitzung. Keine Erinnerung Mit der Aussage des Staatsschutzbeamten Georg Anders, den der Ausschuss am 14. April zu seiner Arbeit bei den Ermittlungen rund um die Morde an den Polizist*innen Thomas Goretzki, Yvonne Hachtkämper und Matthias Larisch von Woitowitz befragte, zeigte sich zuletzt, dass nicht nur „solche Leute“ – also Menschen, die durch ihren beruflichen (VS) oder politischen (Naziszene) Zusammenhang von Natur aus dazu neigen, wenig bis nichts (Sinnvolles) preiszugeben, wichtige Verantwortlichkeiten abzustreiten oder den Versuch machen, Offensichtliches wegzuleugnen – dem Ausschuss mitunter wenig zu sagen haben. Die Parlamentarier*innen wollten von dem Polizeibeamten Anders wissen, welche Erkenntnisse dem Staatsschutz zu dem dreifachen Mörder Michael Berger durch seine Ermittlungsarbeit vorgelegen hätten und wie die Polizei etwa Bergers Kontakte zur Dortmunder Nazi-Szene eingeschätzt habe. Doch aus dem Staatsschützer war nichts herauszuholen, seine Erinnerungslücken waren so gewaltig, dass der Vorsitzende dem Beamten „wegen nicht ernsthaften Bemühens des Erinnerns“ eine Ordnungsstrafe androhen und die Sitzung mehrfach unterbrechen musste. Ob der dreisten „Generalamnesie“ des Zeugen geriet der Vorsitzende sichtlich in Rage und forderte den zur Zeit der Polizist*innen-Morde leitenden Beamten im Dortmunder Staatsschutz zur Besinnung auf: Er möge die Pause nutzen, über seine Aussage nachzudenken. Doch weder die Androhung von Strafe noch der beichtväterliche Ansatz fruchteten. Weder an den Nazi-V-Mann Sebastian Seemann noch an NPD-Funktionär Pascal Zinn wollte der Polizist irgendeine Erinnerung haben. Allein an „Siggi“, wie es dem Zeugen herausrutschte, konnte er sich erinnern. Neonazi- und „Die Rechte“-Größe Siegfried Borchardt muss den halsstarrigen Beamten mit Erinnerungsproblemen wohl beeindruckt haben. Den Mord an seinen Kolleg*innen, gibt Anders an, habe er hingegen vergessen. Spätestens jetzt besteht kein Zweifel mehr daran, dass hier irgendwas so ganz und gar nicht stimmt. SPD-Obmann Kossiski bleibt nur die Bemerkung, dass er – selbst Polizist – keine einzige Kollegin oder nur einen Kollegen kenne, den der Mord an den Beamt*innen so kalt gelassen hätte. Keine Aufklärung Es wird vergessen, geschwiegen vertuscht. Und der Parlamentarische Untersuchungsausschuss in NRW stand in den letzten Sitzungen wiederholt vor dem Debakel, sich nicht gegen die Mauer aus Erinnerungslücken, gegen das Primat des Quellenschutzes und gegen die geballte Arroganz des Geheimdienstes durchsetzen zu können. Wenn der Untersuchungsausschuss in der kurzen Zeit, die ihm noch bis zum Ende der Beweisaufnahme bleibt, seinem selbstgesetzten Aufklärungsauftrag auch nur in Ansätzen gerecht werden will, müssen die Fraktionen und Ausschuss-Mitglieder ganz schnell lernen, aggressiver zu fragen, sich nicht verscheißern zu lassen, den Zeugen nicht das Heft in die Hand zu geben und vor allem: Druck aufzubauen. Das Innenministerium sollte wissen, wie es zu interpretieren ist, wenn seine Polizeibeamt*innen so offensichtlich mauern und seine Verfassungsschützer*innen weder ihre Auftraggeber*innen noch deren politische Autoritäten anerkennen. Denn dann liegt die Idee nahe, dass etwas faul ist in der Struktur des Überwachens und Ermittelns. Wenn sich daran nichts ändert – der Ausschuss etwa kein Land gewinnt und es weiterhin verabsäumt, nicht nur die Instrumente seiner Autorität zu zeigen, sondern auch anzuwenden – wird der PUA der Hans Wurst bleiben, dem Verfassungsschutz und Polizei die lange Nase zeigen. Und der den zahnlosen Hintergrundchor für die Selbstinszenierung von Neonazis stellt, denen von niemandem so richtig auf den Zahn gefühlt wird – wenn es schon notwendig ist, sie vor den Ausschuss zu laden. Anders als im Münchner OLG-Prozess wird es dann nicht eine aktive „Aufkündigung des Aufklärungsversprechens an die Opfer der NSU-Verbrechen“ sein, die den Ausschuss überflüssig macht. Vielmehr ist es sein fehlender Mut, den richtigen Leuten zum einzigen möglichen Zeitpunkt an den Karren zu fahren. Nicht mehr, und nicht weniger – aber mit ernüchternden Konsequenzen: Wenn irgendwer jemals nach der Aufklärungsleistung des PUA in NRW fragt, wird irgendwer anders mit den Schultern zucken. Nicht mehr und nicht weniger. Jetzt ist noch ein wenig Zeit. Und darum: We are watching you!
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