Klaus Pflieger, Ex-Generalstaatsanwalt von Baden-Württemberg, hat bekanntlich seine Karriere als Vertuscher und Desinformant damit beendet, die „Mordwaffe Heilbronn“ in einem Anfall von Hellsichtigkeit noch vor der forensischen Prüfung zu verkünden.
In dem
Interview vom 18.10.2013 beim SWR1 stellte Herr Pflieger fest: „ … Was mir wichtig ist, dass wir in Bezug auf Kiesewetter eigentlich keine Fehler gemacht haben, sieht man von der Phantomspur ab…“
Desinformation scheint nicht nur bei den NSU-Ermittlungen und bei den Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat seine Spezialität gewesen zu sein. Auch die
Todesnacht in Stammheim konnte u.a. dank Herrn Pfliegers Engagement für die Staatsraison in der gewünschten Weise „aufgeklärt“ werden.
Im Interview behauptet Herr Pflieger von drei RAF-Terroristen bestätigt bekommen zu haben, es sei innerhalb der RAF unstreitig gewesen, dass es eine Selbsttötung war, eine sogenannte „Suicide-Action“. Den Waffentransport in die Zellen sowie das perfekt funktionierende Kommunikationssystem stellte Pflieger als bewiesen dar.
Am 18. Oktober jährt sich die Befreiung der Lufthansa-Maschine in Mogadischu und der Selbstmord der RAF-Terroristen in Stuttgart-Stammheim. Klaus Pflieger gehörte zu dem Ermittler-Team, das die Todesnacht von Stammheim untersuchen und aufklären sollte. Pflieger war einer der Ankläger gegen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt, bei ihm legte Peter-Jürgen Boock seine Lebensbeichte ab. Er untersuchte das Bombenattentat auf dem Münchner Oktoberfest und den Brandanschlag von Mölln. Und er ist heute, kurz nach seiner Pensionierung als Generalstaatsanwalt in Baden-Württemberg, zu Gast in SWR1 Leute.
www.podcast.de/episode/228440781/Klaus%2BPflieger%252C%2BEx-Generalstaatsanwalt/Recherchen zur Ermordung der RAF-Gefangenen Ulrike Meinhof 1976 sowie Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Carl Raspe 1977 in Stammheim
In dem Buch von Oliver Tolmein: 'RAF. Das war für uns Befreiung' von 1997 bestreitet die RAF-Terroristin Irmgard Möller, die damals als einzige überlebt hatte, sich das Anstaltsmesser selber vier Mal in den Bauch gerammt zu haben. Sie war während der Attacke nicht aufgewacht, was nur denkbar ist, wenn sie vorher betäubt wurde.
www.trend.infopartisan.net/trd1007/t051007.html(Auszug aus dem zugrundeliegenden Interview)
In den letzten zwei Wochen der Totalisolation versuchte Andreas Baader mit allen ihm verbliebenen Möglichkeiten darauf aufmerksam zu machen, dass er und die anderen RAF-Gefangengen sich nicht umbringen wollten und dass sie die Landshut-Entführung in keinster Weise gutheißen würden. Der Brief, den Baader am 7. Oktober 1977 als Beschwerde an das OLG Stuttgart verfasst hatte, spricht eindeutig gegen die staatsoffizielle Selbstmordversion.
Baader schreibt u. a., dass sie (die RAF-Gefangenen) getötet worden seien, falls sie, wie ein Beamter angedeutet haben soll, tot aufgefunden würden. Gleichzeitig beschwert Baader sich über die verschärften Haftbedingungen und darüber, dass ihnen trotz des schlechten Gesundheitszustandes der Zusatzeinkauf von Obst untersagt worden sei. Er hat wohl nur erahnen können, dass eine Gefährdung der Gesundheit bei zum Tode Verurteilten nicht mehr von Bedeutung ist.
Im dem Mitte Mai 2011 erschienenen Buches von Helge Lehmann „Die Todesnacht in Stammheim“ wird in einer Art Indizienprozess die Selbstmordversion widerlegt. Helge Lehmann hat jahrelang in allen zugänglichen Materialien und erstmals 2007 freigegebenen Dokumenten recherchiert sowie mit Hilfe von Versuchsaufbauten offizielle Behauptungen überprüft.
Auf allen angeblich verwendeten Waffen wurden keine Fingerabdrücke der RAF-Gefangenen gefunden, Indizien aus den freigegebenen Dokumenten widerlegen die offiziellen Tatdarstellungen, bei den „Aufgehängten“ Ensslin und Meinhof war kein Histamin-Test durchgeführt worden, der Selbstmord durch Erhängen hätte nachweisen können und damals schon zum Standard zählte. Die „Aktencontainer“ zum Waffenschmuggel hätten bei den Kontrollen (nach Aussage zur Vorgehensweise von mehr als 30 Zeugen) in jedem Fall entdeckt werden müssen. Das Kommunikationssystem zur Verabredung zum Selbstmord war in der Nacht zum 18. Oktober mit Sicherheit nicht funktionsfähig, was sich aus den zur Verfügung stehenden und in den Dokumenten aufgeführten Materialien ergibt, der Zellenbelegung sowie der vorhandenen Kabelverbindungen. Wer das Buch liest, stellt fest, dass das offizielle Todesermittlungsverfahren eigentlich nur aus Ungereimtheiten besteht, nicht erklärbaren Widersprüchen, im Laufe der Ermittlungen von Beamten veränderten Zeugenaussagen z. B. zu in den Innenhof in der Todesnacht eingefahrenen Autos bis hin zu Erklärungen, die physikalisch oder medizinisch schlicht unmöglich sind. Jeder denkende Mensch, der diese Indizienkette nachvollzieht, muss erkennen, dass Selbstmord anhand der zusammengetragenen Beweise auszuschließen ist. Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Carl Raspe wurden am 18.10.1977 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch nächtliche Killerkommandos hingerichtet, da ein natürlicher Tod ausscheidet. Im November 1977 wurde eine bis dahin geheime Feuertreppe entdeckt, die direkt in die III. Abteilung des 7. Stocks führte.
Helge Lehmann dürfte zahlreiche Akten nicht einsehen, darunter die des BKA und die Akten aus dem Großen und Kleinen Krisenstab. Die Ablehnung wurde u. a. damit begründet, dass eine Einsicht „die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährde“.
Wer hat die Entscheidung zur extralegalen Hinrichtung der RAF-Gefangenen zu verantworten?
Wer hat im Vorhinein schon die Idee geäußert, dass über eine Tötung der Gefangenen als Antwort auf die Entführungen nachzudenken sei?
Wer hatte die notwendigen Kontakte zu geeigneten Killerkommandos (Profis) und war in der Position, den Zugang zum 7. Stock ermöglichen zu können?
Bei der „Kleinen Lage“ führte Bundeskanzler Helmut Schmidt den Vorsitz. Unter den regelmäßigen Teilnehmern besonders interessant erscheinen Bundesjustizminister Vogel, Staatssekretär Schüler, BKA-Chef Herold und besonders
Generalbundesanwalt Rebmann. Aus dem Nachlass des früheren Bundestagspräsidenten Karl Carstens wurde bekannt, dass am 13. September 1977 in einer Sitzung des großen Krisenstabes über die Erschießung von Terroristen geredet worden sei. Schmidts Auffassung sei es gewesen, alle Möglichkeiten und Vorschläge zu durchdenken. Er werde sich nicht wissentlich an Aktionen beteiligen, die gegen das Grundgesetz verstoßen. Einsätze von Geheimdiensten schloss er jedoch nicht aus. Helmut Schmidt ging es nicht um das Leben Schleyers, sondern um die Staatsraison und um das Ansehen der Bundesregierung im In- und Ausland. Nur daran orientierte er sein Handeln.
Am selben Tag traf sich Helmut Schmidt im Bundeskanzleramt mit dem inzwischen verstorbenen Chef des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz Dr. Hans Josef Horchem, wie man es dem von Horchem 1993 veröffentlichten Buch „Auch Spione werden pensioniert“ entnehmen kann.
In einem Wikipedia-Artikel zu Verena Becker ist eine Aussage des ehemaligen Chef-Reporters der Bild-Zeitung Nils von der Hyde vom 14. Februar 2011 aufgeführt, nach der ihm der verstorbene damalige Abteilungsleiter des Landesverfassungsschutzes in Hamburg, Christian Lochte, unmittelbar nach der Tat 1977 mitgeteilt haben soll, dass Verena Becker den Bundesanwalt Buback erschossen habe. „Die Sola hat geballert“ (Deckname von Verena Becker). Angenommen, diese Aussage könnte stimmen, so müsste der Hamburger Verfassungsschutz schon damals mit Verena Becker in Kontakt gestanden haben, um über dieses Wissen zu verfügen.
In seinem Buch „Der zweite Tod meines Vaters“ äußert Michael Buback die Vermutung, Verena Becker sei die Todesschützin bei der Ermordung seines Vaters gewesen und zu dieser Zeit auch schon Informantin des Verfassungsschutzes. Bundesanwalt Griesbaum teilte beim Prozess gegen Verena Becker am 09.06.2011 die Erkenntnisse seiner Anfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz sowie beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz mit. Es soll keine Zusammenarbeit mit ihr bis zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegeben haben. Nach einer Kooperation Verena Beckers mit dem Verfassungsschutz Hamburg wurde nicht gefragt. Ein Mitarbeiter oder V-Mann des Verfassungsschutzes Hamburg könnte sie davon überzeugt haben, das Bundesanwalt Buback der für die Ermordung Ulrike Meinhofs Hauptverantwortliche gewesen sei, vielleicht anhand des Kassibers „Der General muss weg“, das angeblich von den „Stammheimern“ verfasst worden sein soll. Diese von Geheimdiensten oft und gerne angewandte Methode wird auch als Steuerung über gezielte Fehlinformationen bezeichnet, um so die Zielperson zu den gewünschten Verhaltensweisen zu bewegen.
Im italienischen Fernsehen antwortete der damalige Bundesjustizminister Dr. Hans-Jochen Vogel 1978 auf die Frage, ob die Schleyer-Entführung damals von den Zellen aus gelenkt wurde: „Nein. Das haben wir seinerzeit schon nicht angenommen und es hat sich keine Bestätigung dafür gefunden.“ (aus dem Buch von Helge Lehmann). Ich denke, dass gilt auch für die Ermordung Bubacks. Michael Buback gibt in seinem Buch die Aussage des ehemaligen RAF-Mitglieds Boock wieder, nach der sein Vater durchaus wegen seiner Persönlichkeit gehasst und umgebracht worden sei, vor allem wegen seiner Äußerung, man müsse die RAF isolieren, entsolidarisieren und eliminieren. Michael Buback entgegnet entschieden, dies könne keine Aussage aus dem Mund seines Vaters sein. Ich würde solch eine Aussage auch eher jemandem wie Herrn Horchem vom Verfassungsschutz Hamburg zutrauen. An anderer Stelle zitiert Michael Buback eine Aussage aus dem Buch von Regine Igel zu von Terroristen ermordeten italienischen Staatsanwälten, die die Machenschaften der Geheimpolitik gestört hätten. „Es ist von einer doppelten Logik bei der Ermordung von Staatsanwälten die Rede, wenn diese in Gegnerschaft sowohl zu Geheimdiensten als auch zu Terroristen standen.“ Als deutsches Beispiel wird Generalbundesanwalt Buback genannt.
Nach einem Zitat aus dem Buch von Helge Lehmann hat der damalige Leiter des LfV Hamburg Hans Josef Horchem am 27.5.1975 im Hessischen Rundfunk gesagt: „ Ich bin der Meinung, dass durch das Fehlen von neuen Ideologien in der Art von Meinhof die zeitliche Grenze dessen, was wir jetzt erleben an Terror, verschoben wird. Dass die kleinen Gruppen, die jetzt noch existieren im Laufe ihrer Aktivitäten selbst erfahren, erkennen, dass sie im Grunde genommen reine kriminelle sind, ich meine … dass ihnen die ideologische Basis fehlt und dann wird diese Intension, diese kriminelle Energie zusammenbrechen.“
Er könnte der Ansicht gewesen sein, dass das Eliminieren der zentralen Person den RAF-Terrorismus beenden könnte oder zumindest dabei hilfreich sei. Anhand seines Buches wird deutlich, dass Horchem die Bereitschaft hatte, auch am Grundgesetz vorbei eigenwillig seiner Meinung nach notwendige Entscheidungen zu treffen. Sein mögliches Eintreten für die Ermordung von Ulrike Meinhof könnte dadurch provoziert worden sein, dass er selbst und seine Familie 1974 von der RAF Morddrohungen erhalten hatten, Horchem auf einer RAF-Todesliste stand und Personenschutz erforderlich wurde. Auf einem Seminar zum Thema Terrorismus am 20. Juni 1979 in Tel Aviv / Israel beendete Horchem seine kurze Ansprache mit einem Zitat auf Hebräisch, das übersetzt heißt: „Wenn jemand kommt, um Dich zu töten, dann stehe noch vor dem Morgengrauen auf und bring‘ ihn um.“
In Kurzform: "Töte zuerst!"
Horchem beschreibt in seinem Buch u. a. die erfolgreiche Zusammenarbeit des Hamburger Verfassungsschutzes mit dem Mossad ab 1970. Horchem war als Ansprechpartner des Mossad dazu bereit, am 24.06.1976 zu veranlassen, dass die Sprengstoff enthaltenden Container eines im Hamburger Hafen befindlichen unter panamesischer Flagge fahrenden Schiffes umgehend vom Zoll wieder freigegeben wurden. Sie würden für eine großangelegte Sabotageoperation gegen ein feindliches Land benötigt. Am Sonntag, 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof tot in ihrer Zelle aufgefunden. Horchem hätte die Kontakte gehabt, um beispielsweise ein Killerkommando des Mossad hierfür zu engagieren. Diese Leute sind absolute Profis und besaßen 1976 schon reichlich Erfahrung.
Bundesanwalt Kurt Rebmann war bis zur Ermordung von Buback für die JVA Stammheim zuständig und galt als besonders enger Vertrauter deutscher Geheimdienste. Er soll persönliche Schwächen gehabt haben, die dazu genutzt werden konnten, ihn unter Druck zu setzen. Während der Schleyer-Entführung forderte Rebmann die Wiedereinführung der Todesstrafe und die Erschießung von Terroristen, die durch menschenerpresserische Geiselnahme befreit werden sollen.
In einer Talkshow am 26. April 2007 mit Michael Buback nahm Hans-Jochen Vogel bei dem Thema Fehlurteile bei den RAF-Prozessen unvermittelt und mit äußerster Erregung Rebmann in Schutz. Er lasse es nicht zu, dass der Bundesanwaltschaft, und schon gar nicht, dass dem toten Rebmann Vorwürfe gemacht würden.
Horchem bezeichnete in seinem Buch Herbert Wehner, Helmut Schmidt, dessen Staatssekretär Manfred Schüler, Horst Ehmke und Hans-Jochen Vogel als „Sympathisanten“ des Verfassungsschutzes. Rebmann ist derjenige, der Verena Becker nicht als Mittäterin anklagen ließ und sich später beim Bundespräsidenten für die Begnadigung Beckers einsetzte.
Was könnte in der Verfassungsschutz-Akte Becker stehen, dass es rechtfertigt, diese noch nach 30 Jahren nicht freizugeben?
Eine Hypothese wäre, das Verena Becker bei ihrer Aussage auch den Namen und die Beschreibung der Person geliefert hat, die ihr die Informationen zu Generalbundesanwalt Buback und zum angeblich von den RAF-Gefangenen in Stammheim bestellten Mord an Buback weitergegeben hat.